Die erste autonome Sattelzugmaschine tritt ihren Dienst an
von Peter Bitschnau
Volvo Trucks hat mit "Vera" ein selbstfahrendes Elektrofahrzeug für den Schwertransport entwickelt. Nun darf sich das Vehikel in der Praxis beweisen
Volvo Trucks hat mit "Vera" ein selbstfahrendes Elektrofahrzeug für den Schwertransport entwickelt. Nun darf sich das Vehikel in der Praxis beweisen.
Was das Thema autonomes Fahren betrifft, haben die Schweden derzeit die Nase eindeutig vorn. Allen voran Volvo Trucks: Der Lkw-Hersteller präsentierte bereits im Jahr 2018 auf der Internationalen Automobilausstellung IAA Nutzfahrzeuge in Hannover den Prototyp einer selbstfahrenden Sattelzugmaschine mit rein elektrischem Antrieb. Getauft wurde sie auf den klingenden Namen Vera.
"Autonome Transporte mit niedrigem Geräuschpegel und frei von Abgasemissionen werden in der Zukunft der Logistik eine wichtige Rolle spielen, von der sowohl Wirtschaft als auch Gesellschaft profitieren", beschreibt Mikael Karlsson, Vice President Autonomous Solutions bei Volvo Trucks, das Potenzial der Entwicklung.
Fahrerkabine fehlt
Das optisch auffälligste Merkmal des Vehikels: Es gibt keine Fahrerkabine. Tatsächlich ist das Vehikel auf das Wesentliche reduziert, was eine Zugmaschine ausmacht: vier Räder und eine Sattelkupplung. Ausgelegt ist das Fahrzeug als Teil einer autonom agierenden Gesamtlösung für sich wiederholende Aufgaben in Logistikzentren, Fabriken und Häfen – also auf kurzen Strecken in überschaubarem Gelände.
Dabei greift das Vehikel nicht nur auf die eigenen, im Fahrzeug verbauten Sensoren zurück, sondern wird zusätzlich von einem zentralen Leitstand aus kontrolliert und gesteuert. Die Zugmaschine ist so konzipiert, dass sie ihre aktuelle Position auf wenige Zentimeter genau bestimmen und analysieren kann, was andere Verkehrsteilnehmer tun, und dann mit hoher Genauigkeit reagieren.
Jedes Fahrzeug agiert mit niedriger Geschwindigkeit, um maximale Sicherheit zu gewährleisten, versprechen die Schweden. Und wenn sich die Akkuladung dem Ende neigt, dann fährt das Gerät einfach selbst an die Ladestation – das funktioniert also ähnlich wie bei einem Rasenmäherroboter.
Potenzial testen
In der Praxis soll sich Vera nun auf einem Hafenterminal in Göteborg bewähren. Dort soll sie den Containertransport von einem Logistikzentrum zum Hafen übernehmen. Kooperationspartner ist das Fähr- und Logistikunternehmen DFDS.
"Wir haben jetzt die Gelegenheit, Vera in einem idealen Umfeld im Praxiseinsatz zu testen und ihr Potenzial für vergleichbare Einsatzbereiche weiterzuentwickeln", erklärt Karlsson.
Das Ziel sei ein vernetztes und aus einem Kontrollturm überwachtes System aus mehreren Vera-Fahrzeugen zu realisieren. Auch die Infrastruktur wird im Rahmen der Umsetzung des autonomen Transportsystems entsprechend angepasst. Dazu gehören zum Beispiel automatische Tore an den Terminals.
Dadurch soll ein nahtloser und konstanter Güterstrom erreicht werden, um schnell auf Bedarfsänderungen reagieren zu können – Effizienz, Flexibilität und Nachhaltigkeit stünden dabei im Mittelpunkt. Die gewonnenen Erfahrungen sollen den potenziellen Einsatz von Vera in vergleichbaren Anwendungsbereichen als Ergänzung zu den heutigen Transportlösungen ermöglichen.
Die Zusammenarbeit mit DFDS wird auch als ein erster Schritt zum Praxiseinsatz auf festgelegten öffentlichen Straßen gesehen. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass uns Vera bald auf der Autobahn begegnen wird.
Quelle: derstandard.de